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Teach to fish – Mit Oliver Welte

Teil 1
Teil 2
Die nachstehende Transkription wurde zum Zwecke der Lesbarkeit an einigen Stellen angepasst und leicht gekürzt. Die Originalaussagen sind im Video zu hören.

Björn Richerzhagen | MINAUTICS:
Hallo Oliver, herzlich willkommen hier zu unserer kleinen Online-Session – zu unserem kleinen Interview. Ich freue mich, dass du da bist. Wir kennen uns schon eine ganze Zeit, aber vielleicht kennen dich noch nicht alle. Sei doch so nett, stell dich mal kurz vor.

Oliver Welte | Mimacom Flowable:
Hi Björn, zunächst mal herzlichen Dank, dass wir heute sprechen. Ich freue mich auf die WorkflowAnalytica.

Oliver Welte, mein Name. Ich bin jetzt seit ungefähr drei Jahren bei der Mimacom Flowable Gruppe als Managing Director hier in Deutschland tätig. Und seit diesem Zeitraum eigentlich auch erst in dem BPM-Universum unterwegs. Ich bin etwas über 50 Jahre alt, wohne im schönen Tübingen und habe vor drei Jahren meine Begeisterung für das Thema Automatisierung entdeckt. Und da möchte ich nachher gerne auch ein bisschen mit dir darüber philosophieren.

Björn:
Toll, dass ihr auf der WorkflowAnalytica dabei seid. Was hast du denn in drei Jahren bereits für Erfahrungen gemacht, seit dem Du zur Mimacom gekommen bist? Welche Trends und Entwicklungen hast du seitdem gesehen oder siehst du auch in Zukunft noch im Workflow-Bereich?

Oliver:
Also ich sehe einen extremen Bedarf für das Thema Workflow Engine und Automatisierung und ich erwarte, dass dieser Trend auch noch zunehmen wird, gegeben durch die Marktsituationen, die wir alle wahrnehmen: Das Thema Fachkräftemangel, die Fragen ‚Wie gehe ich eigentlich das Thema Knowledge Management an?‘, Wie sichere ich Know-how, was in Prozessen drinsteckt?‘ Aber auch das ganze Thema der öffentlichen Verwaltung. ‚Wie kriege ich denn eine öffentliche Verwaltung schnell?‘

Alles Dinge, die mir am Herzen liegen. Wir helfen vielen Unternehmen, den Weg der Prozessautomatisierung nachhaltig zu gehen. Ich nehme häufig wahr, dass Unternehmen starten, indem sie Workflows modellieren und ich stelle dann immer die Frage: ‚Haben wir denn den letzten Schritt nicht wirklich getan?‘ Denn am Ende des Tages soll ja eigentlich das Ziel sein, die Prozesse wirklich zu automatisieren.

Natürlich ist Modellieren der erste Schritt, aber häufig nehme ich eben wahr, dass genau dieser zweite Schritt, nämlich nach der Modellierung auch die Automatisierung anzugehen, der fällt vielen Unternehmen schwer. Häufig sehe ich einzelne Teile, die automatisiert werden, aber eine ganzheitliche Betrachtung eines Prozesses in der Automatisierung sehe ich eben nur selten.

Björn:
Abgesehen von Workflow-Automation, was ist dir noch so entlang des Weges entgegengekommen? Was siehst du in Randbereichen, die irgendwie beeinflusst werden?

Oliver:
Was auch auf der WorkflowAnalytica in vielen Talks vorkommen wird, ist natürlich das Thema AI. Wie gehen wir mit künstlicher Intelligenz um? Ist Automatisierung vielleicht sogar eine Möglichkeit, künstliche Intelligenz zu regulieren und so zu regulieren, dass sie nicht im Sinne des Nachteils von irgendwelchen Akteuren auftritt? Das ist es, was mich umtreibt momentan, weil ich natürlich wahrnehme, dass viele Unternehmen sehr viel Energie in das Thema AI investieren. Da bin ich sehr auf die Talks gespannt.

Björn:
Das erleben wir auch. Viele Unternehmen haben da noch Startschwierigkeiten, was das Thema angeht und suchen da ein bisschen Orientierung. Vielleicht können wir da ein bisschen Orientierung geben. Das wäre natürlich gut. Die Themen, die Du seitens Flowable oder seitens Mimacom, gerade angesprochen hast – bleiben wir mal vielleicht initial beim Thema Modellierung – was bietet ihr denn da euren Kunden? Was würdest du da sagen, zeichnet Eure Besonderheit aus?

Oliver:
Da hast du mir jetzt natürlich einen Stellpass gegeben. Ich habe immer ein Sprichwort gern genutzt ‚Für jemanden, der einen Hammer in der Hand hat, sieht jedes Problem aus wie ein Nagel.‘ Und so ein bisschen nehme ich das auch in dem BPM-Space war. Wir reden viel über BPM und in dem Fall dann über BPMN und wir haben aber eigentlich eine Triologie zur Hand. Wir sind nicht der Meinung, dass BPMN die Lösung für alle Use Cases ist, sondern dass es eher die Kombination wirklich von BPMN, CMMN und DMN ist. Und da wollen wir unsere Kunden auch ‚enablen‘. Wir nehmen großes Interesse am Markt wahr zum Thema CMMN, weil auch viele Kunden in der Zwischenzeit erkannt haben, dass in der Modellierung mit BPMN-only eine gewisse Komplexität auftritt, die man mit CMMN teilweise adressieren kann.

Also nochmal zusammenfassend: Wir sind diejenigen, die antreten, die BPM-Triologie am Markt zu etablieren und nicht sofort auf BPMN fokussieren. Lasst uns den Use Case verstehen und dann entscheiden wir, welche der Modellierungssprachen wir an der Stelle einsetzen wollen.

Björn:
Kommen die Kunden da auf euch zu wegen der Modellierungssprache oder kommen sie mit anderen Aufgabenstellungen auf euch zu?

Oliver:
Hoffentlich nicht über diese Modellierungssprache, sondern über eine Problemstellung. Und das ist auch meine Anforderung an unser Team, zu sagen, blendet mal Technologien aus und hört euch den Use Case an. Versucht dann den Use Case bestmöglich zu modellieren. Im Sinne der Zielerreichung des Kunden, denn nicht jeder Kunde hat das gleiche Ziel. Das heißt, der Ansatz muss sein, erstmal das Ziel des Kunden zu verstehen und dann das richtige Werkzeug auszuwählen. Und das kann im einen Fall BPMN sein, das kann im anderen Fall CMMN sein.

Es sollte also weniger die Technologie beziehungsweise auch Modellierungssprachen sein, sondern der Use Case, der am Ende des Tages umgesetzt werden soll.

Björn:
Jetzt hast du gerade Engine gesagt. Was bietet ihr denn so an Portfolio-Elementen, die diese Transformation von einer visuellen Darstellung des Prozesses hin zu einem automatisierten Prozess bieten. Also wir kennen schon eine Weile, aber vielleicht kannst du mal kurz für unbeteiligte Dritte erklären, wie so ein Automatisierungsansatz bei euch aussieht.

Oliver:
Wir gehen mit dem bei uns sogenannten Requirements-Engineering zum Kunden und versuchen, das Problem zu verstehen. Diese Requirements-Ingenieure haben ein Background natürlich auch als Modellierer. Das heißt, die verstehen auf der einen Seite das Business, wissen aber auch, wie sie es in einem Workflow abbilden können. Und das ist immer der erste Schritt.

Wenn wir das getan haben, gehen wir in der Regel her und machen ein Setup mit dem Kunden, wo wir dann weitere Personen hinzuholen. Das ist ein Process Engineer und ein Solution Architect, der eher den gesamtheitlichen Blick auf die Lösung hat und dann eben der Requirements Engineer. Dieses Dreigestirn arbeitet dann in der Regel gemeinsam mit dem Kunden. Das Setup ist immer unterschiedlich. Wir haben zum Teil Kunden, wo wir eher unterstützend unterwegs sind und von außen Impulse geben und sagen, okay, wir machen regelmäßig alle zwei, drei Tage mal eine Sprechstunde, da könnt ihr dann mit euren Use Cases kommen und wir schauen uns gemeinsam mal an, was ihr da modelliert habt.

Aber in der Regel gehen wir eben mit diesem Dreigestirn vor Ort und bilden so ein erstes Team gemeinsam mit dem Kunden. Gehen dann auch her und schauen, wie wir die Workflow-Engine beim Kunden implementieren. Wir versuchen möglichst schnell innerhalb der ersten Monate, schon erst tragbare Ergebnisse dem Kunden an die Hand zu geben, denn es ist auch so eine Erfahrung, dass man auch gegenüber dem Management sehr schnell vorzeigbare Erfolge aufweisen muss. Und es ist immer unser Erklärungsvorschlag, nicht den ersten mega komplexen Prozess zu automatisieren, sondern Quick Wins zu heben.

Björn:
Du hast gerade drei Rollen beschrieben. Kannst du ein bisschen inhaltlich einsteigen? Was machen diese Rollen in zwei, drei Sätzen erklärt? Seid ihr immer von außen mit den Rollen beim Kunden oder stellen die Kunden auch intern diese Kunden manchmal parat?

Oliver:
Der Requirements Engineer ist jemand, der sehr viel Erfahrung hat in der Aufnahme von Ist-Situationen und Sollzuständen beim Kunden. Das heißt, alle unsere Requirements-Ingenieure wissen auch, wie ein Prozess in BPMN oder CMMN modelliert werden muss.

Die zweite Rolle ist dann der Process Engineer. Der Process Engineer hat einen sehr viel technischeren Background, auch Richtung Workflow Engine. Der Process Engineer weiß, wie die Workflow Engine im Detail funktioniert und ist auch in der Lage, Integrationen realisieren, sei es jetzt ein Connect Richtung SAP oder was auch immer im Backend da an die Workflow Engine connectet werden soll. Diese Tätigkeiten werden dann in der Regel vom Process Engineer gemacht.

Der Solution Architekt ist derjenige, der das ganzheitliche Bild im Blick hat und sagt, okay, was ist denn eigentlich die Anforderung beim Kunden. Wie agieren wir dort?

In der Regel sagen wir dem Kunden, das sind alle Rollen, die du brauchst. Ob die jetzt vom Kunden kommen oder von uns kommen, das ist immer individuell. Wir haben vorhin über einen Kunden in Deutschland gesprochen, bei dem es eher so ist, dass 1,5 Teile dieser Rollen vom Kunden kommen, während wir bei einem der größten Manufacturing Kunden hier in Deutschland komplette Teams stellen, wo wir wirklich alles tun.

Wir wollen allerdings, dass die Kunden die Teams selber aufbauen. Das Motto ist bei uns immer ‚Teach to Fish‘. Wir sind als Unternehmen nicht so aufgestellt, dass wir Kunden über Jahre mit 20, 30 Mitarbeitern bedienen können. In der Regel sollte das Ziel sein, dass wir spätestens nach 12 Monaten deutlich reduziert beim Kunden unterwegs sind.

„Teach to fish“

Oliver Welte, Mimacom Flowable Deutschland

Björn:
Ja. Teach to Fish. Das gefällt mir.

Oliver:
Die Herausforderung an der Stelle ist, dass wir häufig die Situation antreffen, dass die Kunden nicht genügend Experten in-house haben und immer dazu tendieren, doch wieder bei uns nachzufragen? Das ist für mich aber ein K.O.-Kriterium, ob so ein Projekt erfolgreich sein wird. Die Fähigkeit, einen Prozess zu modellieren und ihn auch zu automatisieren, ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.

Wenn es um die fabrikationsnahen oder produktnahen Prozesse geht, dann muss dieser ‚Muskel‘ selbst aufgebaut werden und kann nicht irgendwo eingekauft werden.

Björn:
Da schwimmen wir auf der gleichen Wellenlänge. Jetzt hast du mir quasi die Stellvorlage gegeben. Jetzt seid ihr schon zum zweiten Mal bei der Workflow Analytica dabei. Vor dem gesagten Hintergrund, was gefällt euch an dem Veranstaltungskonzept?

Oliver:
Das ist für mich ausschlaggebend: Und wir hatten letztes Jahr so viele tolle Gespräche. Ich werde als Geschäftsführer auch wieder in Berlin sein. Ich hoffe auch dieses Jahr wieder auf viele wirklich tolle Gespräche, denn wir wollen diese Community, die du da initiiert hast, auch weiter mit dir mitgestalten. Und ich bin mir sehr, sehr sicher, dass wir die nächsten Jahre immer wieder auf der Workflow Analytica mit einem Stand vertreten sein werden. Natürlich auch mit dem Ziel, uns als Brand etwas bekannter zu machen.

Björn:
Schön, dass ihr dabei seid. Wir haben ja bei der WorkflowAnalytica den Ansatz, dass wir die Leute qualifizieren wollen, in solchen Workflow-Projekten zu agieren. Also durchaus gleichklingend mit einigen dieser Rollen, von denen du da gesprochen hast. Das ist der Kerngedanke. Genau, da versuchen wir halt natürlich auch, mal abgesehen von technologischen Impulsen, inhaltliche, methodische Impulse zu setzen, damit diese Arbeitsweisen zu einem erfolgreichen Projekt beitragen.

Letzte Frage: Wenn ich jetzt zur WorkflowAnalytica komme, wo finde ich euch?

Oliver:
Wir werden sicherlich durch die Räume gehen, die ein oder anderen Vorträge auch selber anhören. Wir sind vor allem mit einem Stand vor Ort, an dem wir auch mehrere Mitarbeiter haben. Wenn es Fragen rund um das Thema Mimacom Flowable gibt, speziell auch zu unserer Workflow Engine vielleicht und warum wir denken, dass CMMN eine valide Ergänzung zu BPMN ist, dann herzlich gerne am Stand vorbeikommen! Oder uns eben in den Talks oder sonst irgendwo anzusprechen.

Björn:
Alles klar. Oliver, vielen Dank für deine Zeit. Wir sehen uns in wenigen Tagen in Berlin.

Oliver:
Herzlichen Dank für das Gespräch, Björn.

Weiterführende Informationen unter https://www.mimacom.com/